Die Zeit steht still

Zum dritten Mal auf Chios. Winter. Sommer. Winter. So viel ändert sich nicht auf der kleinen Insel. Ist die Tankstelle neu? Hat das Café geschlossen? Sonst alles wie immer.

Jeden Morgen: Teambesprechung im Warehouse

Eine Konstante seit bald 1 1/2 Jahren: Das CESRT-Team und eine Reihe anderer Gruppen sind weiter im Einsatz für Geflüchtete auf Chios (und im Fall von CESRT auch für einheimische Griechen, die in Not sind). Die Projekte wandeln sich mit den Bedürfnissen, aber konstant bleibt: Ein enormer Einsatz von unserer Toula und von insgesamt mittlerweile 1500 Freiwilligen, die seit Oktober 2015 angepackt haben – für ein paar Tage oder ein paar Monate, aus Deutschland und Palästina, aus der Schweiz und Norwegen, aus dem Baskenland und aus Israel, aus Großbritannien und Irland, aus den USA und Griechenland. In der Erstversorgung am Strand, in unzähligen Nachtwachen. In der Kleiderkammer und im Englischunterricht. In der Kinderbetreuung und in zahllosen Meetings mit der Kommune, der Polizei, dem UNHCR, Frontex, den anderen Helfern (wenn alle sich einig sind, kann ein neues Projekt starten). Konstant bleibt auch: Die Liebe für die Geflüchteten, um die es geht, und meistens auch im Team. Viel Lachen und viele Tränen …

Warten auf … ja – worauf?

Konstant aber auch: Das Elend der Geflüchteten, seit dem EU-Türkei-Deal (März 2016!) gefangen in der Zeitschleife, die sich „griechisches Asylsystem“ und „europäische Migrationspolitik“ nennt. Es geht nicht vorwärts (schon der Weg nach Athen ist versperrt) und nicht zurück (wohin auch?).

Vorige Woche haben zwei Jungs versucht, im kleinen Hafen von Agia Ermioni ein Boot zu stehlen, um in die Türkei zurück zu fahren. Da ist es zwar noch schlimmer, aber hier hielten sie es nicht mehr aus. Jetzt sitzen sie im Gefängnis…   Aber eigentlich fühlt sich die ganze Insel wie ein Gefängnis an.

Und wir Helfer? Wir bringen Tee und Hosen, bespaßen die Kinder und schaffen Bildungsmöglichkeiten. Die großen Räder drehen wir nicht.

Trotzdem bin ich überzeugt: Unser Einsatz ist nicht vergebens. Unvorstellbar, wie es hier ohne die Freiwilligen aussähe.

Wir machen weiter.


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