Boote! 

Es bewegt sich was – Nach einigen sehr ruhigen Wochen machen sich wieder mehr Boote auf den Weg. Sind das die Vorboten einer neuen Welle? Bricht der Deal mit der Türkei zusammen? Wir werden sehen.

Auf jeden Fall erhöhen wir unsere Wachsamkeit, nachdem wir uns in letzter Zeit mehr mit Betreuungsangeboten beschäftigt haben.

Ein Fischerboot? Oder doch Flüchtlinge? Oder bloß eine Boje?

Vorletzte Nacht war ich also wieder auf Watchtower Shift. Wieder ein früher Morgen, wieder ein herrlicher Sonnenaufgang, wieder haben wir zahlreiche Punkte und Lichter mit den Ferngläsern verfolgt, die sich dann als Fischerboote herausstellten.
Und dann, kurz vor dem Schlafengehen, 8 Uhr morgens, die Meldung: Boot! Einwohner eines Dorfes ganz im Süden sagen Bescheid: Etwa 50 Flüchtlinge sind bei ihnen angekommen. Nichts wie los!

Als wir ankommen, sind Polizei, Frontex und der Bus zum Transfer ins Camp schon vor Ort. Die Gruppe ist aber noch nicht komplett, so haben wir Gelegenheit, Wasser, Snacks, Windeln für die Kleinkinder, ein bisschen Kleidung zu verteilen. Die Gruppe ist relativ gut in Form, aber doch sichtbar geschockt von der Überfahrt. Unsere Freunde von SMH – Rettungsschwimmer aus dem Baskenland – kommen, schauen nach medizinischen Notfällen (keine) und suchen (leider vergeblich) nach zwei Vermissten aus der Gruppe.

Wir bleiben vor Ort, bis der Bus abfährt. Die Frontex-Leute sind erfreulich geduldig, nur eine polnische (?) Grenzpolizistin drückt aufs Tempo: Wir warten auf dem Dorfplatz – gleich kommen die Leute aus der Frühmesse, vielleicht stören die sich am Anblick Von Flüchtlingen mitten im Dorf. Ich hoffe, sie hat Unrecht… Ich würde mich nach dem Kirchgang ja eher am Anblick der Frontex-Leute stören…

Der örtliche Sheriff ist auch da, tut eigentlich gar nichts, sitzt im Straßencafe auf der anderen Straßenseite und wird nur aktiv, als sich einige Flüchtlinge auf Caféstühle zu setzen wagen. Weg hier, nur für – um diese Zeit nicht existierende – zahlende Kundschaft! Für euch gibt es die Bänke auf einer Seite des Platzes.

Als dann schließlich alle in den Bus einsteigen, bleiben zwei oder drei Wasserflaschen auf den Bänken liegen (ansonsten haben die Flüchtlinge allen Müll eingesammelt). Die (bestimmt gut bezahlte) Frontex-Dame zeigt darauf und sagt triumphierend zu uns Volunteers:

See, they don’t need your water. They just want money.

Es könnte auch daran liegen, dass sich die Neuankömmlinge nicht vorstellen können, dass sie nach ihrer Ankunft in der EU vermutlich für die nächsten 10 Stunden nichts zu Essen und Trinken bekommen werden…


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Kommentare

Eine Antwort zu „Boote! “

  1. Avatar von Stefan Schnabel

    Vielen Dank, dass du deine Eindrücke teilst. Es ist einfach was anderes, es hier zu lesen, als nur auf Tagesschau.de Und wenn ich alles lese, wird mir etwas bange angesichts der Tatsache, dass unser Partner in diesen Zeiten die Türkei „in diesen Zeiten“ ist.

    Liebe Grüße aus Mannheim
    Gott Segne dich
    Stefan

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