Die Boote kommen!

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Nach einigen Tagen „Innendienst“ war ich am Abend des 1.1. das erste Mal zur Küstenpatrouille eingeteilt. Mit zwei anderen Deutschen war ich im nördlichen Bereich der Ostküste von Chios unterwegs, um Ausschau nach ankommenden Flüchtlingsbooten zu halten. Mit dabei hatten wir trockene Kleidung, jeweils für Männer, Frauen und Kinder in verschiedenen Altersgruppen, dazu Notfalldecken, etwas Essen und Trinken und ein paar andere Utensilien. So ausgerüstet, waren wir von 23 Uhr bis 3 Uhr unterwegs, reihum sechs oder sieben Punkte an der Küste anzufahren, die entweder vom Wasser aus als günstige Landepunkte erscheinen, oder von denen man einen guten Überblick über das Meer hat. Von Süden nach Norden fahren wir diese Punkte an. Jedes Mal: Ausschau halten (wobei man nachts die Boote natürlich erst spät sieht) und Lauschen (Ruft da jemand? Ist das ein Außenborder oder doch ein Moped?), dann weiter. Vom nördlichsten Punkt wieder schnell in den Süden, dann von vorn. Denken: „Hier im Norden kommt sowieso selten jemand.“ Sich zusammenreißen: „Aber vielleicht gerade heute!“


Unsere Nacht im Norden war sehr ruhig, nicht schlecht für eine Trainingsrunde. Allerdings hatte das nichts zu sagen – denn u.a. aufgrund der Strömung landen die meisten Boote im Süden der Insel. Und wie sie gelandet sind in dieser Nacht! The busiest night ever – 30 Boote in 24 Stunden mit jeweils 60-70 Personen! Einige Landungen gingen sehr glatt, andere waren problematischer. An einer Stelle war die Hälfte der Passagiere ausgestiegen – dann sah der „Steuermann“ die Helfer am Ufer (orange Westen, Stirnlampen) und bekam Angst (Polizei?) – und führen zur nächsten Bucht weiter. Auf diese Weise wurden Familien getrennt, die unsere Teams Gott sei Dank wieder zusammen bringen konnten.
Wir waren auf dem Rückweg von unserer Schicht, als wir auf mehrere Teams stießen, die Neuankömmlinge versorgten. So haben wir mitgenommen, wo wir könnten, haben Kleidung verteilt. Trockene Hosen – ein Afghane hatte vier Hosen übereinander an, drei davon nass, die unterste trocken. Socken – sehr wichtig, dass alle haben nasse Füße. Leider haben wir keine Schuhe, also bekommen sie Plastikbeutel, sie sie über die Socken ziehen – damit in die nassen Schuhe, das muss fürs Erste reichen.

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Irgendwann kommt der Polizeibus (allerdings nur, wenn die Volunteers ihn anfordern…) und bringt die Flüchtlinge ins Registrierungscamp. Besonders in einer ereignisreichen Nacht wie dieser kann das aber dauern, so haben wir im Eiskalten mit einer Truppe junger Afghanen ausgeharrt und solidarisch gefroren. Das diente uns als Erinnerung:   Wir waren jetzt mal ausnahmsweise den Elementen ausgesetzt. Unsere Freunde aus Afghanistan waren teilweise seit 50 Tagen unterwegs und waren längst noch nicht am Ziel! Ich habe unseren Kollegen Marko aus Düsseldorf bewundert, der die Truppe mit Faxen bei Laune hielt… Um 6.15 Uhr waren wir dann wieder im Quartier. Marko hat dann noch gepackt und ist um 7 Uhr wieder los, um seine Heimreise anzutreten…


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Kommentare

2 Antworten zu „Die Boote kommen!“

  1. Avatar von Schnabe

    Jesus segne euch!

  2. […] Boote ankommen (zwei in der letzten Woche), fahren wir derzeit keine Dauer-Patrouillen an der Küste. Aber die Volunteers sind in Bereitschaft, und von 5 bis 8 Uhr morgens […]

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